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USK-Interview


Unser Sebastian Weber hat sich wieder mal auf den Weg gemacht. Dieses mal um uns allen die Handlungsweise der "USK" ein wenig näher zu bringen. Dazu hat er ein Interview mit dem Boss der "USK" geführt.

Hallo, bitte stellen Sie sich kurz unseren Lesern vor und erzählen Sie uns, was Ihre Aufgabe bei der USK ist.
Mein Name ist Peter Gerstenberger, ich leite die USK seit 1998. Mich interessiert das Computerspiel vor allem aus der Sicht des Soziologen.

Wie sieht der Prüfungsalltag bei der USK im allgemeinen aus? Nach welchen Kriterien wird geprüft?
Da findet sich unter www.usk.de eine sehr schöne Beschreibung zum Alltag in der USK, die empfehle ich, weil es kürzer kaum geht. Ansonsten wird ein Game hier zunächst als Gesamtkunstwerk bewertet, als Genrevertreter zum Beispiel, um dann auf bestimmte Anforderungen bei der Übernahme einer Spielerrolle und auf Medienerfahrungen in bestimmten Altersgruppen zu schauen. Also zum Beispiel: Verstehen Kinder mit 6 Jahren dem schwarzen Humor in „Worms“?

Seit dem das neue Jugendschutzgesetz in Kraft getreten ist, sind die USK Einstufungen bindend. Das gilt nun seit ca. einem Jahr. Die USK wurde jedoch schon vor gut 10 Jahren gegründet. Glauben Sie, dass allein der Amoklauf in Erfurt ausschlaggebend für die Politiker war, um der USK solche Kompetenzen zuzusprechen, oder hätte es diesen Schritt irgendwann sowieso gegeben?
Vieles deutete darauf hin, dass es zur Empfehlung in einer Welt prinzipieller Verfügbarkeit von Medieninhalten zukünftig keine Alternative gibt. Beim Buch haben wir uns nach 500 Jahren an diesen Zustand gewöhnt: Da rechnen wir mit 86.000 Neuerscheinungen pro Jahr, es gibt keine Altersfreigaben, nicht einmal verbindliche Empfehlungen einer Buchselbstkontrolle.

Die Alterseinschränkungen sind bindend, wofür braucht man dann noch die BPjM? Denn wenn ein Spiel ohnehin ab „18 Jahren“ ist, müsste man es dann noch indizieren?
Die Steigerung ist das Werbeverbot, das durch eine Indizierung wirksam wird.

Das neue Jugendschutzgesetz gilt seit einem Jahr. Wie sind bislang Ihre Erfahrungen mit den neuen Regelungen, oder hat sich nicht wirklich viel für sie geändert? Hat sich jetzt die Einstellung der Publisher und Spieler der USK gegenüber geändert?
Viele Eltern fanden die Kennzeichen der USK seit Jahren sehr hilfreich, als erste Orientierung auf einem Markt mit etwa 2.000 Produktionen im Jahr. Die Ergebnisse der Ratings haben sich seit dem JuSchG nicht geändert. Es scheint aber viele Eltern zu geben, die sich alleine auf die Ratings verlassen, nicht auf ihre Kinder, deren Interessen und Medienkenntnis. Die USK-Empfehlung hat ja die Kenntnis des bestimmten Titels und des bestimmten Kindes oder Jugendlichen nicht ersetzen wollen. Wir fragen ja beim Buch auch zunächst: Was interessiert Dich, und warum eigentlich? Das ist natürlich der wichtigere Vorgang, wenn man sich ein Medium erschließen möchte.

Was glauben Sie wie sich die Gewalt in den Videospielen in den nächsten Jahren verändern wird? Sind die Spiele in den 10 Jahren Prüfungserfahrung deutlich brutaler bzw. gewalttätiger geworden, oder kann man hier nicht von einer Steigerung sprechen, da die Spiele lediglich realistischer wurden?
Realismus ist ja kein Problem ansich. Wer in ein bestimmtes Medium eingelesen ist, wird den Kasper nicht als Bedrohung empfinden oder die Pixel nicht mit Menschen verwechseln. Die Frage vor allem der Buchgeneration an die Generation „Matrix“ ist ja mehr, ob noch realisiert wird, was Fiktion und was Realität ist. Nun stellt uns diese Frage ja nicht das Computerspiel. Es ist ja nur eine Art Leitmedium der Informationsgesellschaft. Es führt 500 Jahr Buch, 100 Jahre Film und 50 Jahre Fernsehen interaktiv zusammen. Wir wissen aber in der Welt bewegter Bilder schon lange nicht mehr genau, was medial inszeniert und was medial dokumentiert ist. Das große Thema unserer Mediengesellschaften wird insofern im Computerspiel selbst nur simuliert. Das schafft dann alles Unbehagen bei denen, die nicht „eingelesen“ sind in die grelle Welt der bewegten Bilder und der prinzipieller Verfügbarkeit aller Medieninhalte. Das ist ja gut verständlich.

Spiele, die einmal von der USK freigegeben wurden, können nicht mehr indiziert werden. „Far Cry“ zeigte, dass dies unter bestimmten Vorraussetzungen doch möglich ist. Wie kam es dazu?
USK-Kennzeichnung und Indizierung durch die BPJM schließen einander aus. Die von Ubisoft bei der USK eingereichte Version war - aus welchen Gründen auch immer - mit der später auf dem deutschen Markt verkauften Fassung nicht identisch. Darauf wies uns Ubisoft selbst hin. Unser Warenzeichen war auf einer Version, die hier nicht geratet wurde. Rechtlich gesehen, war die verkaufte Produktion nicht gekennzeichnet. Deshalb konnte die BPJM indizieren. Wir hatten ein Kennzeichen für die eingereichte Fassung vergeben, das haben wir nicht zurückgezogen.

Können sie unseren Lesern kurz den Unterschied zwischen „Keine Jugendfreigabe“ und „Keine Kennzeichnung“ erklären? Warum zwei verschiedene Kennzeichnungen, die beide aussagen, dass ein Spiel erst an Jugendliche über 18 Jahren verkauft werden darf?
"Keine Kennzeichnung" verlangt der Gesetzgeber, wenn nach bisheriger Spruchpraxis der BPJM anzunehmen ist, dass der Titel indiziert wird. Das will auch der Publisher von uns wissen, er ist Herr seines Verfahrens. Er kann veröffentlichen, der Handel darf nur an Erwachsene abgegeben, das Spiel kann von der BPJM indiziert werden. Für indizierte Spiele gilt dann zusätzlich ein Werbeverbot. Es gibt seit 1.4.2003 unter mehr als 2.000 Titeln sehr wenige solcher Fälle. In unserer Datenbank unter www.usk.de stehen zwei.

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, alle Fragen zu beantworten.


Sebastian Weber - 07.06.2004