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Napoleon


Demnächst strahlt das ZDF den Vierteiler "Napoleon" aus. Das Review des zu der Serie passenden und von Infogrames publishten Spieles gibt es schon heute. Alexander Eck schlüpfte in die Rolle des kleinen Korsen und...

Wer ein wenig geschichtliches Interesse besitzt, hat mit Sicherheit schon den Namen „Napoleon Bonaparte“ gehört. Er war ein großer Heerführer und hat neben einigen grausigen Unannehmlichkeiten sogar für Fortschritt (auch und vor allem im heutigen Deutschland) gesorgt. Kein Wunder also, dass die bisher größte europäische Filmproduktion „Napoleon“ die Geschichte dieses Mannes nachzuzeichnen sucht. Doch anscheinend hat auch ein Budget von 40 Millionen Euro nicht gereicht, um auch noch ein ordentliches „Spiel zum Film“ auf die Beine zu stellen. „Napoleon“ – so viel kann jetzt schon gesagt werden – ist eine Beleidigung für den Namen, den es trägt. Denn nicht mit klugen Strategien gewinnt man, sondern mit der schlechten KI.

Das Intro sagt mehr als tausend Spielstunden
Wie viele aktuelle gute Strategie-Spiele kennt ihr, die kein gutes Intro haben? Nun, ich kenne keines: Ob Warcraft 3, Age of Mythology oder auch Anno 1503, sie alle haben eine großartige (Warcraft 3) bis gute (Age of Mythology, Anno 1503) Einleitung. Ganz anders hingegen Napoleon: Das Intro ist langatmig, wenig abwechslungsreich und benutzt weder aussagekräftige Farben noch gute Musik. Kurz, es ist langweilig. Und genauso lässt sich das Spiel selbst beschreiben. Dem lahmen Intro folgt ein noch lahmeres Hauptmenü, von dem man auf die drei Spielmodi Gefecht, Kampagne sowie Europafeldzug zugreifen kann.
Die erste Option, das Gefecht, ist im Grunde eine stark abgespeckte Kampagne; man kämpft gegen immer stärker werdende Gegner, allerdings ohne Hintergrundgeschichte. Die Kampagne ist dasselbe in grün, nur diesmal mit einer wenig atmosphärischen Auflistung von Napoleons wichtigsten Schlachten. Immerhin wird man zwischen den Missionen mit über einer halben Stunde Filmmaterial berieselt. Doch leider wird der Originalton vom einseitigen Soundtrack überdeckt. Damit bleibt die Atmosphäre auf der Strecke, und nach ein paar Missionen klickt man die Cutscenes trotz der beeindruckenden Bilder weg – falls man überhaupt noch Interesse an der Kampagne hat. Denn wie gesagt, das Spiel ist einfach nur langweilig.
Die Echtzeit-Kämpfe folgen immer dem gleichen Schema: Die mit Schwertern ausgestattete Kavallerie nach vorne ziehen, die Musketiere dahinter stellen und die Kanoniere auf die hintersten Plätze verbannen. Jede weitere taktische Möglichkeit bleibt dem Spieler verwehrt, da es insgesamt nur drei Einheiten (die eben genannten ohne Variationen) gibt, die Truppengrößen festgelegt sind und man sich nicht einmal die Reichweite der einzelnen Einheiten anzeigen lassen kann. Nun gut, eine Möglichkeit gibt es noch: Die Einheiten drehen und der Infanterie eine andere Formation zuweisen. Doch beides erweist sich als relativ nutzlos, da die Einheiten sofort nach dem Angriffsbefehl jede Formation verwerfen und sich erst mal ein paar mal im Kreis drehen bevor sie losstürmen. Deshalb ist es auch absolut vernichtend, selbst einen Angriff zu wagen; man stellt sich auf und wartet, bis der Gegner angetröpfelt kommt - aufgrund der schlechten KI und der noch schlechteren Wegfindung wird der Opponent fast nie geschlossen in den Kampf ziehen, von einer vernünftigen Formation ganz zu schweigen. Sogleich geht man mit den Musketieren gegen die Berittenen vor, die Kavallerie schickt man in den Kampf gegen die Infanterie und die Kanonen lässt man (falls sie mal dazu kommen) wild in die Menge schießen. Jetzt bleibt einem nichts anderes mehr zu tun, als die Feinheiten der schlechten 3D-Grafik (Stand: 1998) zu bestaunen: sich uniform wiegende Bäume, fast fließendes Wasser, abgehackte Truppenanimationen, einseitige Texturen. Eventuell vorhandene Lautsprecher sollten deaktiviert werden, der Sound ist schlichtweg unerträglich. Nach einigen Minuten ist die Schlacht gewonnen, und man sieht in einem Videoschnipsel Napoleon beim Triumphieren zu. Diesen Sieg wird man allerdings wie jeden anderen auch nicht wirklich ernst nehmen, da man ganz genau weiß, dass bei einer vernünftigen KI vier Einheiten niemals gegen die doppelte Anzahl an Truppen hätten gewinnen können. Umso ärgerlicher ist es da, wenn man aufgrund der schlechten Steuerung (habe ich schon erwähnt, dass diese im Prinzip zwar einfach, aber absolut unbrauchbar ist?) gegen gleichstarke Truppen oft verliert. Ein kleiner Tipp für alle Unerschrockenen: Nur einmal zum Angriff blasen, ansonsten kommt die eigene Armee nicht vom Fleck.

Was gibt’s sonst noch?
Hm, was ist sonst noch erwähnenswert? Mal schauen... Ach ja richtig, das eigentliche Kernstück von Napoleon ist der Europafeldzug. Jeder, der das Brettspiel Risiko kennt, wird von den frappierenden Parallelen überrascht sein: Man sucht sich eine von fünf Nationen aus und versucht gleichsam wie die Gegner, rundenweise die Herrschaft in Europa an sich zu reißen. Dazu baut man Einheiten in einer Kaserne, rüstet diese bei Bedarf mit einem General auf (erhöht die Schussgenauigkeit) und zieht mit seiner Armee in den vorher beschriebenen „Kampf“. Dieser Modus ist anfangs sogar sehr spannend und taktisch anspruchsvoll, da man genau wie im Brettspiel das richtige Verhältnis zwischen Angriff und Sichern der Grenzen finden muss. Doch bereits nach wenigen Spielrunden (etwa 15) ist die einfach gestrickte KI durchschaut und das Spiel nur noch langweilig. Um die Spannung
ein wenig zu erhöhen, kann man auch den Echtzeitpart, also die Kämpfe weglassen, und den PC die Arbeit machen lassen – dann beschießen sich direkt auf der Europakarte einige Einheiten. Dadurch wird das einfache Spiel schwerer, da die eigenen Verluste extrem steigen – immerhin halbwegs realistisch. Der Schwierigkeitsgrad kann weiterhin durch die Nationen-Wahl beeinflusst werden, was allerdings nicht Absicht der Entwickler, sondern auf mangelndes Balancing zurückzuführen ist. Während Russland den Sieg fast schon geschenkt bekommt, muss Preußen (wie sollte anders sein) hart darum kämpfen.

Fazit
Immer wieder hoffe ich bei Lizenzprodukten von Film- und Fernsehproduktionen auf eine gute Umsetzung oder wenigstens auf eine ordentliche Grafik. Denn damit könnte man auch Nicht-Spieler für dieses Gebiet begeistern und echte Spieler endlich als normale Menschen ansehen – und nicht als potenzielle Amokläufer oder pizzaverschlingende Brillenträger ohne Freunde. Doch bei Spielen wie Napoleon, das mit Sicherheit einige unerfahrene Käufer finden wird, wird mir klar, wieso mein Englisch-Lehrer und ehemaliger Berufssoldat PC- und Video-Spiele als aggressionsfördernd ansieht. Im Falle von Napoleon kann ich kaum widersprechen. Zu eintönig ist das Spiel, und vor allem: zu missraten die Steuerung, als dass man mit diesem Spiel Spaß haben könnte. Taktische Tiefe, wie es die Packung verspricht, findet man auch nicht. Deshalb mein Fazit: Kauft lieber „Risiko“, „War & Peace“ oder „North & South“ und verbringt einen netten Abend mit Freunden, anstatt euch Napoleon anzutun.


Alexander Eck - 29.12.2002



Gesamtübersicht: Napoleon

Unsere Bewertung:

Langzeitmotivation:
29%
Sound:
24%
Grafik:
53%
Singleplayer:
37%
Informationen zum Spiel:

Hersteller:

Publisher:

Minimum: 500 MHz Prozessor, 128 MB RAM, Windows 98/Me/2000/XP, 170 MB freier Festplattenspeicher, 8-
System:

ca. 170 MB
CD/HD:

Deutsch
Sprache:

Runden-/Echtzeit-Strategie
Genre: